E-MTB / Test: Das Cube Stereo Hybrid One44 EX rollt als vielversprechendes E-Mountainbike für Tourenfahrer in den Markt. Mit dem aktuellen Bosch CX Motor, 800-Wattstunden-Akku und 140 mm Federweg an Front und Heck, verpackt in einen schick gemachten Aluminiumrahmen, und das alles für einen Preis um die 4.000 Euro – die Eckdaten klingen verlockend. Doch was kann das vollgefederte E-MTB wirklich? Wir haben genau hingeschaut, wo seine Stärken liegen, welche Kompromisse man angesichts des Preises eingehen muss und wie es sich im Vergleich zu seinem Namensvetter mit Carbonrahmen schlägt.
[youtube url=“https://youtu.be/w_PnaF0l-BA“]
Das Cube Namenskarussell: HPA vs. HPC – Zwei Welten, ein Name?
Bevor wir uns ins Detail stürzen, muss ein wenig Licht ins Dunkel der Cube’schen Namensgebung gebracht werden. Denn Cube hat seine Modellpalette umstrukturiert, was zwar nötig war, aber für Verwirrung sorgen kann. Es gibt nun zwei komplett verschiedene Räder, die beide auf den Namen Stereo Hybrid One44 hören. Eines trägt den Zusatz HPC (High Performance Composite), was bei Cube für Carbonrahmen steht, und positioniert sich als sportliches Trailbike. Das hier getestete Modell hingegen kommt meist ohne Namenszusatz oder gelegentlich als HPA (High Performance Aluminium) und ist das Rad, das klar auf Tourenfahrer abzielt. Diese Unterscheidung ist essenziell, denn die beiden Bikes sind in der Praxis sehr unterschiedlich, weshalb die identische Grundbezeichnung durchaus als irreführend empfunden werden kann.
Der Rahmen: Solides Alu-Handwerk mit Touring-Genen
Der Aluminiumrahmen des Stereo Hybrid One44 EX ist für das aktuelle Modelljahr komplett neu entwickelt worden und hinterlässt optisch einen hervorragenden Eindruck. Die Schweißnähte sind, besonders im Bereich des Steuerrohrs, so sauber verschliffen, dass man aus der Entfernung fast einen Carbonrahmen vermuten könnte. Ein Tribut an die Verarbeitungsqualität, gerade angesichts des konkurrenzfähigen Preises.
Hebt man das Rad jedoch an, wird schnell klar: Hier ist Aluminium am Werk. Mit rund 27 Kilogramm in Rahmengröße L (ohne Pedale) ist das Stereo Hybrid One44 EX kein Leichtgewicht. Ein Großteil dieses Gewichts scheint im Rahmen selbst zu stecken, was aber im Kontext seines Einsatzbereichs als Tourenrad nicht übermäßig negativ bewertet werden muss.
Sehr erfreulich sind die vielen praxisnahen Details am Rahmen. Er bietet Montagepunkte für einen Seitenständer, vollwertige Schutzbleche und einen Gepäckträger am Heck. Cube bietet sogar sogenannte „Allroad“-Modelle an, die ab Werk mit kompletter Ausstattung wie Schutzblechen, Gepäckträger und Beleuchtungsanlage kommen. Eine Anhängerfreigabe und eine ordentliche Zuladung von 120 Kilogramm unterstreichen die Tourentauglichkeit zusätzlich. Praktisch sind auch die Anschraubpunkte unter dem Oberrohr, ideal für eine Schlosshalterung oder eine kleine Werkzeugtasche.
Ein kleiner Wermutstropfen ist die mittlerweile weit verbreitete, aber nicht bei allen Schraubern beliebte Zug- und Leitungsverlegung durch den Steuersatz. Dies mag optisch gefallen, kann aber Wartungsarbeiten erschweren und potenziell zu Knarzgeräuschen führen.
Antrieb und Akku: Bosch Power satt und Ausdauer für lange Touren
Herzstück des Stereo Hybrid One44 EX ist der aktuelle Bosch Performance Line CX Generation 5 Motor. Dieser Antrieb ist bekannt für seine Kraft und Zuverlässigkeit. Besonders spannend: Bosch hat ein umfangreiches Software-Upgrade angekündigt, das das maximale Drehmoment von 85 Nm auf 100 Nm und die maximale Leistung auf 750 Watt erhöhen soll. Dieser Leistungssprung dürfte das Fahrerlebnis, gerade an steilen Anstiegen, nochmals verbessern.
Für die nötige Ausdauer sorgt ein im Unterrohr integrierter und entnehmbarer 800-Wattstunden-Akku. Die Entnahme über die Abdeckung mit dem nun oben liegenden Druckknopf funktioniert gut und klapperfrei. Wer weniger Kapazität benötigt oder Gewicht sparen möchte, könnte auch einen 600-Wh-Akku einsetzen, was angesichts des Gesamtgewichts aber kaum ins Gewicht fällt. Interessanter ist die Option, einen Bosch PowerMore 250 Range Extender zu montieren und die Gesamtkapazität so auf beachtliche 1050 Wh zu steigern – ideal für lange Touren im Turbomodus oder für Fahrer, die das Leistungsplus des Software-Upgrades voll ausnutzen wollen.
Kritikwürdig ist allerdings der mitgelieferte 2A-Lader. Mit ihm dauert es über 12 Stunden, den 800-Wh-Akku vollständig zu laden, was nicht mehr zeitgemäß ist. Hier sollte man definitiv das Geld für einen schnelleren 4A-Charger einplanen. Gesteuert wird das System über das Purion 200, eine kombinierte Einheit aus Display und Bedienteil, die ergonomisch und übersichtlich die wichtigsten Informationen anzeigt. Wer Navigationsfunktionen wünscht, kann zusätzlich ein Kiox 300 oder 500 Display montieren.
Ausstattung des Stereo Hybrid One44 EX: Funktionalität vor Bling-Faktor
Das hier getestete EX-Modell liegt preislich bei einer UVP von 4.199 Euro, ist im Handel aber oft schon für unter 4.000 Euro zu finden. Es gibt zudem eine Pro-Variante (UVP 3.800 Euro) und ein EXC-Modell (UVP ca. 4.500 Euro) mit besserer Ausstattung.
Rahmen | Cube One44 HPA |
Federgabel | RockShox Psylo Silver |
Antrieb | Bosch CX Gen 5 |
Akku | 800 Wh |
Dämpfer | RockShox Deluxe Select |
Laufräder | Cube EX30 |
Reifen VR | Schwalbe Nobby Nic Addix Performance |
Reifen HR | Schwalbe Nobby Nic Addix Performance |
Schaltwerk | Shimano XT 12-fach |
Schalthebel | Shimano Deore |
Kurbel | Acid 165 mm |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano MT520 |
Bremsscheiben | Shimano RT64 203/203 mm |
Sattelstütze | Cube Dropper |
Sattel | Acid Venec EMTB Plus 145 |
Vorbau | Cube Performance Stem E-MTB 35 |
Lenker | Cube Rise Trail Bar 35 |
Eine absolute Premium-Ausstattung darf man in dieser Preisklasse nicht erwarten, und das ist auch nicht der Anspruch. Cube setzt auf funktionale und zuverlässige Komponenten, die für den anvisierten Toureneinsatz und die Zielgruppe mehr als ausreichend sein dürften. Die Shimano 12-fach Schaltung kombiniert ein XT-Schaltwerk mit ansonsten Deore-Komponenten – das XT-Schaltwerk ist hier eher ein kleiner „Mogel-Part“, aber die Deore-Gruppe funktioniert in der Praxis nahezu ebenso gut. Gebremst wird mit standfesten Shimano 4-Kolben-Bremsen, die als sorglos und einfach zu warten gelten.
Die RockShox-Fahrwerkskomponenten bestehen aus einer Psylo Silver Gabel und einem Deluxe Select Dämpfer, beide mit 140 mm Federweg. Diese sind klar auf Komfort ausgelegt. Eine Dropper Post mit ordentlichen 170 mm Hub (bei Rahmengröße L) erhöht den Komfort und die Sicherheit auf Abfahrten. Bei den Reifen setzt Cube auf den Schwalbe Nobby Nic in der Addix Performance Gummimischung. Der Nobby Nic ist ein guter Allround-Reifen, der auf vielen Untergründen klarkommt und relativ leise auf Asphalt rollt. Die günstigere Performance-Mischung bietet jedoch bei Nässe spürbar weniger Grip.
Geometrie und Fahreindrücke: Der Komfort-Tourer mit Kletterqualitäten
Die Geometrie des Stereo Hybrid One44 EX ist unaufgeregt und auf Komfort ausgelegt. Die Sitzposition ist auch auf langen Strecken bequem, da der Sitzwinkel nicht extrem steil ist und die Front angenehm hoch baut.
Ein herausstechendes Merkmal sind die extrem langen Kettenstreben von 494 Millimetern. Diese Länge ist heutzutage ungewöhnlich, prägt das Fahrverhalten aber maßgeblich. Bergauf spielen sie ihre Stärke voll aus: Das Vorderrad steigt auch an steilsten Rampen nicht, und man kann entspannt im Sattel bleiben, ohne den Oberkörper weit nach vorne verlagern zu müssen. Das vermittelt enorme Sicherheit und Kletterkompetenz.
[table id=1891 /]
Auch bergab auf Forstwegen oder leichten Trails sorgt der lange Radstand für viel Laufruhe und ein sicheres Fahrgefühl. Das komfortorientierte Fahrwerk bügelt Unebenheiten auf solchen Wegen souverän glatt. Es lässt sich einfach und schnell einstellen.
Geht es jedoch auf engere, technischere Trails, fordert die Länge ihren Tribut. Enge Kehren erfordern aktiven Körpereinsatz, um das Heck herumzubekommen. Hier zeigt sich, dass das Rad kein Spezialist für verspieltes Trail-Surfen ist. Auch das Fahrwerk kommt bei schnellerer Gangart oder auf ruppigerem Untergrund an seine Grenzen: Die Gabel kann bei harten Bremsmanövern oder auf Stufen wegsacken, und dem eher linearen Heck fehlt es bei groben Schlägen an Endprogression, was zu Durchschlägen führen kann. Das ist aber im Kontext des primären Einsatzzwecks als Tourenrad zu sehen. Es ist ein Generalist mit klarem Schwerpunkt auf Tour, der aber auch mal einen Trail mitnimmt.
Das Stereo Hybrid One44 HPA: Für wen ist es das Richtige?
Die Unterschiede zwischen dem hier getesteten HPA-Modell und der HPC-Carbonvariante sind wie gesagt gravierend. Das Stereo Hybrid One44 HPA ist die richtige Wahl für Fahrer, die primär ein Rad zum Tourenfahren suchen, vielleicht sogar mit einem guten Schuss Alltagstauglichkeit durch die Montagemöglichkeiten für Schutzbleche und Gepäckträger. Wenn das höhere Gewicht nicht stört und ein attraktiver Preis im Vordergrund steht, dann ist dieses Rad eine ausgezeichnete Option.
Wer hingegen ein E-Mountainbike sucht, um damit regelmäßig sportlich ambitioniert Mountainbike zu fahren, öfter anspruchsvolle Trails unter die Stollen zu nehmen oder gar mal einen Bikepark zu besuchen, der sollte sich definitiv das leichtere und agilere Stereo Hybrid One44 HPC anschauen.